Der kleinste Dreiseithof liegt weit im Westen

Havetoft/hjk

Nicht weit entfernt vom „Neuhof“ in der Gemeinde Havetoft beginnt „Luusangeln“, eine Gegend mit mehr Sand im Boden als in den anderen Bereichen der  Landschaft Angeln. An dieser Schnittstelle zwischen den fetten und den mageren Schollen konnten sich in früheren Zeiten die Bauern keine vornehm ausgestatteten Gehöfte leisten.

So ist es nicht verwunderlich, dass an der alten Eckernförder Landstraße – weit in Angelns Westen am Teilstück zwischen Böklund und Großsolt - der wohl kleinste Dreiseithof existiert.  Hier wohnen seit den 1970er Jahren Heinrich und Renate Magnussen. In der Liste der Eigentümer stehen sie auf Platz elf. Auch nach ihren aktiven Berufsjahren haben sie ihre Hofanlage tipp-topp in Schuss gehalten. An den Scheunenwänden klettern sogar rote Rosen empor.

Den Besitzern sprach Berndt Lassen, Vorsitzender der IG Baupflege Angeln, bei einer Stippvisite für ihr bewiesenes Engagement Lob und Anerkennung aus: „Sie haben für den Erhalt einer Angelner Hofanlage mit geradezu idealen Proportionen gesorgt.“

Das reetgedeckte Wohnhaus, 1827 gebaut, verfügt über eine Grundfläche von 150 Quadratmetern und verfügt über fünf Zimmer. Davor wird das Hauptgebäude von zwei einander gegenüberliegenden Ex-Scheunen  flankiert, beide mit je 210 Quadratmeter Fläche. Ihre Reetdächer sind längst zu Gunsten von witterungsbeständigem Eternitplatten verschwunden. In der ehemaligen Pferd- und Wagenscheune von 1849, in der auch Stroh gelagert wurde, gab es in früheren Zeiten am Westgiebel Wohnraum für Landarbeiter. Später entstand daraus eine hübsche Mietwohnung, in der gegenwärtig eine Erzieherin aus dem Havetofter Elisabethheim ihre Bleibe eingerichtet hat.
Der Gemeindechronik ist zu entnehmen, dass die Wurzeln für diesen Dreiseithof eigentlich bis auf das Jahr 1827 zurückgehen: Damals verkaufte der Müller C. N. Asmussen die Havetofter Wassermühle an Töge Lorenzen als seinen Nachfolger. Zum Mühlenbesitz gehörten laut Erdbuch rund 36 Hektar Land. Drei Viertel dieser Fläche reichten aus, um einen neuen Bauernhof zu gründen. Es dauerte allerdings bis 1856, ehe Landwirt Adolph Heise das Anwesen auf fast 40 Hektar erweiterte und dabei die Bezeichnung „Neuhof“ einführte. „Merkwürdigerweise hat auf diesem Hof niemals ein Eigentümer von seiner Geburt bis zu seinem Tod gewohnt“, weiß Renate Magnussen zu berichten.  
Zeitsprung ins Jahr 1971: Da kam Johannes Magnussen aus Havetoft als neuer  Eigentümer auf den Neuhof. Der inzwischen 69-jährige Sohn Heinrich, der den Betrieb zunächst vom Vater gepachtet hatte und nach dessen Tod 1984 als Hoferbe weiterführte, nennt uns den Grund für  den Standortwechsel innerhalb der Gemeinde: Ihr alter Bauernhof, nur 1500  Meter entfernt gelegen, wurde bei einem Großbrand in Schutt und Asche gelegt. Lediglich das Altenteilerhaus konnte gerettet werden. Dieses Überbleibsel erwarb später ein Großstädter und baute es um.
In den 1980er Jahren hielt Heinrich Magnussen im Kuhstall 43 Tiere der roten Angler Rasse. Auf 33 Hektar Land baute er hauptsächlich Getreide und Futterrüben an. „Dann wurde die Milchquote eingeführt, mir blieben noch 24 Kühe, und es ging langsam betriebswirtschaftlich bergab“, erläuterte er.  
Als er sich schließlich dazu durchrang, den Betrieb aufzugeben, standen  sogleich zwei Kollegen aus dem Dorf vor der Tür, um zu gleichen Teilen seine Milchquote zu übernehmen. Die Ländereien sind seitdem verpachtet.
„Wir haben keinen Augenblick daran gedacht, hier wegzuziehen“, sagt Helga Magnussen. „Das ist doch unsere Heimat.“ Die beiden erwachsenen Töchter sind längst fortgezogen, nach Berlin und Hannover.
In der Gegenwart ist ihre größte Sorge, dass in das Reetdach auf dem Wohnhaus ein Blitz einschlagen könnte. Es sei schwer, heutzutage die hohen Versicherungsprämien für den Brandschutz aufzubringen, merkt der Hausherr an. Von der recht spärlichen Rente wäre eine eventuell nötige Reparatur der  Gebäude kaum zu bezahlen. Die eine Scheune steht heute leer, in einem Teilbereich der anderen sind Fahrzeuge untergestellt.

Als bedauerlich empfindet das Ehepaar, dass alle 28 hochgewachsenen Ulmen, unter ihnen eine ganze Allee, die von der Straße aus auf den Hofplatz führte, dem gefräßigen Splintkäfer zum Opfer fielen. Darüber tröstet sie auch nicht die 80jährige Blutbuche hinweg, die als botanisches Prachtstück  den großen Garten hinter dem Wohnhaus dominiert.

Holz Reet Mauerwerk Granit

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