Zwei Siegener werfen den Rettungsanker

Taarstedt/hjk

Über ein Verkaufsangebot im Internet waren sie vor vier Jahren auf einen schönen Dreiseithof  in Taarstedt aufmerksam geworden: Anke Fiehler und Werner Stricker aus Siegen. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt die aus Nordrhein-Westfalen „zugewanderte“ Deutsch- und Englischlehrerin, die sich an die Eckernförder Gesamtschule versetzen ließ. Ihr Lebenspartner Werner Stricker arbeitet nach dem Umzug als Teamleiter bei T-Online in Kiel. Gemeinsam mit der noch in Brüssel bei der EU tätigen Miteigentümerin Angela Lembke haben sie sich einer neuen „Lebensaufgabe“ verschrieben: der schrittweisen Wiederherstellung der dreiteiligen Hofanlage und deren langfristigen Erhalt.

Die Nachbarn in Taarstedt, die die „Neuen“ mit offenen Armen und einer hübschen Girlande willkommen geheißen hatten, staunen nicht schlecht, dass sich die ehemals Fremden so engagiert für ein Objekt einsetzen, von dem sie vor 2002 gar keine Ahnung hatten und dem sie – ohne emotionale und verwandtschaftliche Wurzeln im Land - ein hohes Verantwortungsgefühl entgegen bringen. Normalerweise setzen sich ja die Erbfolger für die Bewahrung derartiger traditioneller Bauwerke ein, die als verkleinerte Formen der gleichfalls dreiseitigen großen Güter anzusehen sind.

Die Gründung ihres Dreiseithofs auf der „Hufe Lahs“ geht auf das Jahr 1854 zurück, ablesbar an alten Mauerankern. Christian Lahs lebte zuvor auf dem „Landarzt“-Gut Lindauhof und siedelte als Erbe 1866 nach Taarstedt um. Der Bau der Scheunen rechts und links vor dem reetgedeckten Wohnhaus folgte noch vor der Jahrhundertwende. Das Wohnhaus mit neun Zimmern ähnelt nach Darlegung des Vorsitzenden Berndt Lassen von der Interessengemeinschaft Baupflege Angeln den für die Landschaft typischen, noch älteren Fachhallenhäusern. Wuchtige Granitquader bilden den Sockel und schützen zugleich die Ziegelmauerwände vor Spritzwasser von unten. Im Inneren haben  traditionsgemäß Materialien wie Eichenhölzer und Heidekraut Verwendung gefunden. Das Dachgeschoss ist nicht ausgebaut. „Wir haben keine alten Schriften und Exponate gefunden, wohl aber ist die alte Windfege zur Kornreinigung dort abgestellt worden“, berichtet Werner Stricker.

Einer der Vorbesitzer, der Landwirt Ferdinand Lass (spätere Umformung des Familiennamens Lahs), nutzte die Wirtschaftsgebäude bis 1990 für die Schweinezucht. In beiden Scheunen sind noch immer die Boxen für das Borstenvieh zu sehen. Das Gebäudeensemble ergänzen hinter dem Wohnhaus das frühere Abnahmehaus, Backhaus und ein leerstehender Futtersilo.
Nach der Wiedervereinigung verkaufte Bauer Lass das Anwesen, wanderte ab und übernahm eine ehemaligen LPG-Betrieb in Mecklenburg, wo er seitdem Landwirtschaft in großem Stil betreibt. Dass in den Dreiseithof Lahs/Lass anschließend eine alleinstehende Frau aus einer Großstadt mit ausgefallenen Ideen einzog, hatte zur Folge, dass stilistische Verfremdungen und sogar kleine Bausünden vorgenommen wurden. Beispiele dafür: der Einbau eines Alkoven und der Eingangsbereich mit kulissenartigen Anbauten, die an eine Theaterbühne erinnern. Die neuen Eigentümer sagen unisono: „Weg damit!“ In einer Scheune werden nun in jedem Winter Wohnmobile abgestellt.
Anke Fiehler sagt dennoch: „Wir dürfen unsere Ziele aus finanziellen Gründen nicht zu hoch stecken.“ Und Werner Stricker ergänzt: „Phantasie ist gefragt. Von solchen alten Häusern geht ein besonderer Zauber aus."

Nach und nach wollen sie das Wohnhaus weiter renovieren, das Abwassersystem modernisieren und eines der Gebäude zu einer Galeriescheune ausbauen. Dass eine etwa 150 Jahre alte Kastanie mitten im dreiseitigen Hofgelände steht, in jedem Herbst Unmengen von Früchten abwirft und zudem den Blick von der Taarstedter Dörpstraat auf das Wohnhaus verwehrt, stört die Eigentümer nicht. Denn schließlich gebührt einem Naturdenkmal ebensolcher Schutz wie einem alten Gebäudekomplex made in Angeln.

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